Buchseite 55

2015 – 2024, Buchseiten, Plastikboxen, Rollbrett, Maße variabel, Tisa-Preis, Ausstellungsansicht, Tisa-Stiftung, NRW Dorsten 2024


Fotos: Ferdinand Ullrich

Buchseite 55, 2015

– 2024, Buchseiten, Plastikboxen, Rollbrett, Maße variabel

Ein Briefmarkensammler durchforstet städtische Papiertonnen nach alten Briefumschlägen. Eine Kiste, die den ungewollten Ausschuss beinhaltet, verkauft er für fünf Euro auf dem Flohmarkt. Der Kauf markiert den Beginn eines künstlerischen Eingriffs. Die der verschmähten Sammlung zugrundeliegenden Systeme werden immer und immer wieder aufgespalten. Das neue Ordnungssystem der Fünfundfünzig-Cent-Marken führt zu einer Obsession mit der Zahl Fünfundfünfzig und ihrem Auftreten. Durch das Fokussieren auf eine einzige Zahl beginnt sie überall aufzutreten.

Und so führt die Suche nach der Fünfundfünfzig zur Seitenzahl Fünfundfünfzig. Trotz der gleichen Ziffern unterscheidet sich die Zahl auf der Seite doch fundamental von ihrem Briefmarkenpendant.
Wo alle Fünfundfünfzig-Cent-Marken als Phänomene eines großen (Post-)Systems auftraten, ist jede Seitenzahl Fünfundfünfzig Teil eines einzelnen Systems – der Logik und Dramaturgie ihres zugehörigen Buchs.

Also wird die Zahl zunächst gehortet. Aus Büchern, die in öffentlichen Regalen zum Tauschen abgelegt werden, wird lediglich die Fünfundfünfzig vorsichtig herausgetrennt. Diese Sammlung von Seitenzahlen ist eine Sammlung abstraktester Materie. Ihrem zweckmäßigen System entrissen, aufgeladen mit der Magie des Buchs, aus dem sie stammen, wird ihr Fehlen zum Irritationsmoment zukünftiger Buchtauscher. Die Fünfundfünfzig wird zur Frage nach und zur Identifikation mit der herausreißenden Wiederholungstäterin.

In einem weiteren Betrachtungsschritt wird jede einzelne Seitenzahl geknickt. Mit nur einem Handgriff wird eine stabile Grundform – ein Dreieck – hergestellt und die Zahl aus ihrem ewigen zweidimensionalen Dasein buchstäblich in die Dreidimensionalität erhoben.